Todesstrafe
auch in Europa
In der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den dazu vereinbarten Zusatzprotokollen ist die Verhängung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten verboten. Am 1.12.2009 wurde mit dem sogenannten Lissabon Vertrag quasi eine europäische Verfassung für alle Mitgliedsstaaten verbindlich. Gleichzeitig mit dem Lissabon-Vertrag trat die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) in Kraft, die zwar grundsätzlich am Verbot der Todesstrafe festhält, aber durch die Hintertür allen EU-Staaten erlaubt, die Todesstrafe fast nach Belieben wieder einzuführen.
Tod durch die Hintertür
Diese Hintertür verbirgt sich in den Erläuterungen zur Charta. Zwar werden diese Erläuterungen nur als Interpretationshilfe ohne rechtliche Bindung bezeichnet, bieten aber jedem Land die Möglichkeiten zur Rechtfertigung der Tötung „unliebsamer Zeitgenossen“ und damit zur Todestrafe auch in Europa:
- Artikel 2 der Charta lautet:
„... Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden. ...“
- In den Erläuterungen zur Charta hinsichtlich Artikel 2 wird das Töten dann allerdings doch wieder in folgenden Fällen für zulässig erklärt:
„Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen ...
Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden ...“
Achtung Todesfalle
Die oben genannten Tötungsszenarien werden leider auch in den Erläuterungen nicht näher definiert. Somit obliegt es jedem Staat selbst die Auslegung im Bedarfsfall höchst individuell zu gestalten.
Was das in der Realität bedeutet ist leider immer öfter zu hören oder zu sehen, wenn beispielsweise Kundgebungen aller Art gewaltsam auseinander getrieben oder niedergeschlagen werden und es zu folgenschweren Vorfällen kommt. Dabei genügt nur eine kleine unscheinbare Gesetzesänderung und schon kann auf friedliche Demonstranten und unbequeme Bürger/innen wieder gezielt geschossen werden. Wahrlich keine schöne Vorstellung.
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