Mit Engstirnigkeit umgehen
Ein Mann, der überzeugt wird gegen seinen Willen,
bleibt seiner Meinung treu im Stillen.
Dale Carnegie
Wie können Sie vernünftig mit Menschen umgehen die engstirnig, total starrköpfig in Ihren Überzeugungen und unempfänglich für neue Ideen sind? Sie sind sich zwar wahrscheinlich sicher, dass Sie Recht haben und der andere falsch liegt, aber Sie können ihn einfach nicht überzeugen, Dinge auf Ihre Art zu sehen. Und vielleicht haben Sie tatsächlich Recht, aber das hält den anderen nicht davon ab, sich in völlig irrationale Argumentationen zu flüchten, nur um nicht mit Ihnen einer Meinung sein zu müssen. Was können Sie in solchen Situationen tun?
Ich möchte Ihnen eine Sichtweise näher bringen, die Sie wahrscheinlich noch nicht in Erwägung gezogen haben.
Wenn Sie Menschen begegnen, die sehr engstirnig sind, werden Sie oft einen Widerstand gegen den Standpunkt des anderen spüren. Sie denken das Problem liegt am anderen, wenn Sie das Problem aber so definieren, ist das als ob Sie frustriert mit dem Kopf gegen die Wand rennen. Die tatsächliche Quelle Ihrer Frustration ist Ihr eigener Widerstand, nicht die andere Person.
Die Lektion in dieser Situationen ist es, bedingungslose Akzeptanz zu lernen, indem Sie sich fragen: Warum fühle ich so einen Widerstand gegen engstirnige Menschen? Warum glaube ich, sie von irgendetwas überzeugen zu müssen? Warum habe ich so ein starkes Bedürfnis, Recht zu haben? Welcher Teil von mir empfindet diesen Widerstand? Ist es möglich, dass ein Funken Wahrheit im Standpunkt des anderen liegt?
Wenn Sie diesen Fragen nachgehen werden Sie nach und nach entdecken, dass Sie etwas an sich selbst ablehnen, was die andere Person Ihnen spiegelt. Dann können Sie bewusst entscheiden, ob Sie weiterhin diese Ablehnung beibehalten, oder loslassen wollen. Je mehr Sie sich gegen die Welt wehren, desto mehr Zeit werden Sie damit verbringen, Ihren Standpunkt zu verteidigen.
Widerstand kommt von Ihrem Ego. Wenn Ihr Ego Besitz über Ihre Anschauungen übernimmt, betrachtet es jedes Infragestellen Ihrer Anschauungen als persönliche Kampfansage, daraus resultiert das Bedürfnis sich zu verteidigen, als würde man angegriffen werden. Wenn Sie aber Ihre Anschauungen von Ihrem Ego trennen, fühlen Sie keinen Widerstand oder ein Bedürfnis zur Verteidigung weil es keinerlei Anlass dazu gibt.
Diese Website zu betreiben hat mir auf diesem Gebiet sehr weiter geholfen. Jede Woche bekomme ich E-Mails von Leuten die mir sagen, dass ich in der einen oder anderen Sache total daneben liege, manche geben sich größte Mühe, mich in ein Streitgespräch zu locken. In der Anfangszeit dieser Webseite tappte ich manchmal in diese Falle und das war unweigerlich unproduktiv. Bald habe ich aber gelernt, dass ich nur in Streitgespräche verwickelt wurde, wenn mein Ego involviert war und die Herausforderung persönlich nahm, als ob es ein persönlicher Angriff gegen mich wäre, wenn jemand mit meiner Meinung nicht übereinstimmte.
Daraus lernte ich, dass Widerstand gegen uneinsichtige Menschen ein Problem mit meinem eigenen Ego ist und nichts mit der anderen Person zu tun hat. Widerstand ist immer eine versteckte Lernaufgabe.
Wenn ich heute solche E-Mails bekomme, ignoriere ich sie für gewöhnlich. Es steht jedem Menschen frei, mit den Ideen auf dieser Webseite nicht überein zu stimmen, das hat nichts mit mir persönlich zu tun. Manchmal antworte ich jedoch dennoch mit den Worten „Sie könnten Recht haben“. Ich meine diese Worte aufrichtig, denn ich bin mir sicher, dass der andere aus seiner Sicht Recht hat. Ich erlaube dem anderen, seinen Standpunkt zu haben, aber ich übernehme ihn nicht. So bleibt mein Ego aus dem Spiel und ich kann mich darauf konzentrieren etwas zu geben, anstatt dem Drang meines Egos, Recht haben zu wollen, nachgeben zu müssen.
Nebenbei erwähnt, finde ich es genau so wichtig, diese Haltung bei E-Mails einzunehmen, die voll von Lob sind. Ich lasse das Lob ebenfalls meinen Ideen zufließen und versuche es nicht auf meine Person zu beziehen. Das hilft mir dabei, dass mein Ego auf der positiven Seite nicht zu aufgeblasen wird, was nur seinen Drang sich zu verteidigen verstärken würde. Je mehr Sie sich mit Ihrem Standpunkt identifizieren, desto mehr Widerstand werden Sie empfinden, wenn Ihr Standpunkt angegriffen wird.
Der Ausspruch „Sie könnten Recht haben“ stammt nicht von mir – ich habe ihn von Dr. Wayne Dyer aufgeschnappt. Er erwähnte in einem seiner Audio-Programme, dass er diese Zeilen verwendet hat, um auf ein kritisches Schreiben zu antworten. „Sie könnten Recht haben“ lässt es Ihnen auch offen, sich jede konstruktive Kritik die zulässig und einklagbar wäre anzuhören. Versuchen Sie diese vier Worte das nächste Mal anzuwenden, wenn jemand versucht, Sie in ein Streitgespräch zu verwickeln und beobachten Sie, was passiert.
Was ist, wenn Sie in einer Situation sind, wo Sie regelmäßig mit engstirnigen Personen zu tun haben? Vielleicht arbeiten Sie mit einer zusammen und Sie sind auf die Kooperation angewiesen, damit Sie Ihre Arbeit machen können.
Sie können noch immer rational mit engstirnigen Menschen umgehen, ohne emotional deren Standpunkt einnehmen zu müssen. Machen Sie sich die Mühe um herauszufinden, ob sie demjenigen helfen können, ein wenig offener zu werden ohne dass er sein Gesicht verliert. Benjamin Franklin hatte eine großartige Methode dafür. Er holte sich eine abwesende dritte Partei in die Diskussion, wann immer er jemandem widersprechen musste. Er begann beispielsweise einen Satz mit „Wie würden Sie reagieren wenn jemand behauptet, dass …“ oder „Ich hörte einmal jemanden sagen, dass …“ oder „Manche sagen, dass …“ oder „Es gehen Gerüchte um, dass …“. Dann nahm er eine Haltung der Neugierde an anstatt eine der Verteidigung. Er nahm sich und die andere Person auf die eine Seite des Tisches und die Meinung/Idee auf die andere Seite. Das erlaubte ihm, die Meinung zu erörtern, sehr überzeugend zu sein und gleichzeitig die Ego’s im Raum davon abzuhalten, einen Krieg zu beginnen. Niemand würde viel in einen Kampf gegen eine dritte Person investieren, die nicht einmal anwesend ist. So wurde es auch für jeden schwieriger, Franklin persönlich anzugreifen, denn er machte für die Ideen, die er unterbreitete, keine Besitzansprüche geltend.
Ich habe Franklin’s Strategie bei vielen Gelegenheiten angewandt und sie wirkte Wunder. Es braucht ein wenig Übung, sich daran zu gewöhnen, sein Ego von seinen Anschauungen zu trennen, aber Sie werden sehen, die Resultate sind die Mühe wert. Wenn etwas dazu taugt, die amerikanische Verfassung auszuverhandeln, so dürfte es für Sie vermutlich auch funktionieren.
Wenn Franklin’s Strategie Ihnen hingegen nicht dabei hilft, den Schutzschild von jemandem abzusenken, dann akzeptieren Sie einfach, wo derjenige jetzt steht und erlauben Sie ihm dort zu bleiben. Wenn Sie einen Menschen bedingungslos akzeptieren, müssen Sie als nächstes entscheiden, ob Sie die Beziehung zu ihm aufrecht halten wollen. In vielen Fällen werden Sie in der Lage sein zu vergeben und los zu lassen. In anderen Fällen werden Sie entscheiden, dass es das Beste ist, weiter zu gehen, indem Sie beispielsweise den Job wechseln oder eine private Beziehung beenden. Ob Sie wollen oder nicht, in jedem Fall machen Sie eine Erfahrung von Wachstum.
Ich war in unzähligen solchen Situationen, um zu wissen, dass es langfristig gesehen die Menschen oft eher dazu bringt, eine offenere Haltung anzunehmen, wenn man sie dort akzeptiert, wo sie gerade stehen. Menschen sind in der Engstirnigkeit gefangen aus Angst, vor allem aus Angst ausgenutzt zu werden. Ihre bedingungslose Akzeptanz hilft, diese Angst ein wenig zu nehmen, was vielleicht schon genug ist, um sie zu überzeugen, Ihren Schutzschild abzusenken und sich für neue Ideen zu öffnen. Aber wenn Sie angreifen, angreifen, angreifen, gewinnen Sie vielleicht die eine oder andere Auseinandersetzung, aber Sie drängen den anderen auch noch tiefer in die Angst und bewirken, dass er noch mehr Energie in das Verteidigen seines Standpunktes investiert.
Wenn Sie in eine Auseinandersetzung mit einer engstirnigen Person geraten, werden Sie wahrscheinlich feststellen, dass Sie - zumindest zeitweilig - selbst unbeugsamer und engstirniger werden. Sie diskutieren mit dem anderen vielleicht noch Tage lang in Gedanken weiter. Aber je mehr Sie die Fähigkeit entwickeln, Menschen auf mitfühlende Art und Weise zu akzeptieren, egal wo sie stehen, desto offener werden Sie selbst. Je weniger Sie abwehren, desto mehr können Sie vergeben und akzeptieren.
Offen zu sein bedeutet nicht leichtgläubig zu sein. Offen zu sein bedeutet dass Sie empfänglich sind für neue Ideen und dass Sie gewillt sind, andere Sichtweisen zuzulassen, wenn diese irgendeinen Wert in sich bergen. Wenn diese für Sie keine Werte enthalten, werfen Sie sie über Bord. Wenn sie für Sie den richtigen Ton treffen, erforschen Sie sie weiter. Je mehr Sie offen auf andere Ideen/Meinungen zugehen ohne die Menschen dahinter abzulehnen, desto schneller können Sie als Mensch wachsen.
Übersetzung von ProblemImGriff, Original von Steve Pavlina:
„Dealing With Close-Mindedness“
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